Internet killed the TV-Star – digitales Marketing am Beispiel Pepsi in der NFL

Es gibt kaum eine Sportart, die so sehr auf TV-Vermarktung ausgerichtet ist, wie American Football. Unzählige Male pausiert in jedem Spiel der Sport für die Werbung. Wer die 45 unterbrechungsfreien Minuten aus dem europäischen Fußball gewöhnt ist, fühlt sich bei einer NFL-Übertragung wie im stockenden Verkehr auf der Autobahn. Stop and go. Stop and go. Kurz: TV-Commercials sind das wichtigste Instrument für jeden, der in einem NFL-Umfeld werben möchte.

Oder muss man besser sagen: waren das wichtigste Instrument? Mit Pepsi, dem offiziellen Getränkesponsor der Liga, geht nun erstmals auch in der ganz auf das Fernsehen optimierten NFL ein Unternehmen einen anderen Weg. In der ersten Hälfte der Saison tauchten keine Pepsi-Spots in den Werbepausen auf. Stattdessen etablierte man eine digitale Marketingstrategie, die ganz auf Youtube und die immer wichtiger werdenden Facebook-Videos setzt.

Nun muss man nicht unbedingt in den Topf mit dem Zaubertrank „Marketingwissen“ gefallen sein, um die wachsende Bedeutung digitaler Kanäle in der heutigen Werbung zu kennen. Dennoch finde ich es zumindest bemerkenswert, wenn sich die Verschiebung weg von TV- hin zu digitalen Spots nun bereits in der Sportart zeigt, die sogar in ihrer Regelstruktur auf Unterbrechungen durch das Fernsehen ausgelegt ist. Und noch einige Dinge daran sind interessant:

  • Suche nach der richtigen Form: Pepsi hat seinen Marketingetat also aus dem Fernsehen zu großen Teilen abgezogen und setzt auf digitale Kanäle. Um dort was zu präsentieren?  Videos, die in ihrer Bildsprache, dem Storytelling und ihren Verknüpfungen untereinander sehr an alles erinnern, was man aus TV-Spots kennt. Der Versuch, sich an Kameraperspektiven und Erzähltechniken klassischer Flashmob-Virals zu heften, ist zwar erkennbar. Insgesamt können sich aber die bisher veröffentlichten Videos alle nicht von dem lösen, was ich als „Marketing-Patina“ bezeichnen würde. Das ist alles so professionell produziert und klinisch sauber inszeniert, dass alles Spontane, Überraschende und manchmal Improvisierte aus den Viral-Vorlagen fehlt. Oder würdet ihr komplett ausschließen wollen, dass sämtliche Personen in den Videos gecastete Statisten sind?

Meine These: Auch die Pepsi-Kampagne ist noch ein gutes Stück entfernt von einer richtigen Form fürs Digitale (Verknüpfung, Storytelling, Sprache).

  • Videos nur noch bei Youtube? Das ist so 2013! Wer auf Videos in seiner Marketingstrategie setzt, kommt an Facebook nicht mehr vorbei. Und wer an Facebook nicht mehr vorbeikommt, muss Paid Media-Etat für sponsored Postings einplanen. Wie Facebook seine Monetarisierung in den letzten zwei Jahren getuned hat, ist bemerkenswert.
  • Nur witzig reicht nicht: Die Spots von Pepsi sind nett. Aber nicht mehr. Was die darin auftretenden Stars und Statisten mit dem Produkt verbindet? Keine Ahnung. Die Kampagne von Pepsi ist in der derzeit sichtbaren Form allein auf Reichweite ohne bleibenden Nutzen ausgerichtet. Es wird keinerlei inhaltliche Verbindung zur Marke hergestellt, die über visuelles Bombardement über Logos und die Kameraeinstellung „Star trinkt aus Pepsi-Becher“ mit der Message „wenn sogar DER Pepsi trinkt, dann musst DU das doch auch tun!“ hinausgeht. Enttäuschend.

Sonderfall Super Bowl

Es wäre eine groteske Verkürzung, die Bedeutung von TV-Spots in der NFL zu beschreiben, ohne auf das größte Sportereignis der TV-Welt zu blicken, den Super Bowl. Zu keiner anderen Zeit im Sportjahr haben Commercials im Fernsehen eine höhere Bedeutung und Reichweite. Natürlich wird auch Pepsi deshalb nicht komplett auf das Fernsehen als Marketing-Plattform verzichten.

Sehr sicher wird sich aber ein genauer Blick darauf lohnen, wie sie inhaltliche Brücken zwischen den bisherigen im Internet veröffentlichten Spots und einer fraglos aufwendigen Platzierung rund um den Super Bowl schaffen werden. Beziehungsweise: ob. Denn die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmen rund um den Super Bowl eine inhaltlich getriebene Marketingstrategie vermissen lassen und stattdessen rein auf Blockbuster- und Humoreffekte in ihren teuren Commercials setzen.

Vermutlich ist die Versuchung zu groß: Der witzigste TV-Spot im Super Bowl wird weltweit derart gefeiert, dass man in der Rückschau dafür auch gerne darauf verzichtet, eine wirkliche Verbindung zum Produkt zu schaffen.

Schade ist dennoch, dass es in 90 Prozent der Super Bowl Spots um Marken geht und nicht um Produkte.

Die Herausforderung für Unternehmen mit Werbezeit im Super Bowl wird wie im letzten Jahr sein, ihre teuer produzierten Inhalte in alle verfügbaren Kanäle zu bekommen. Leider gelang schon im letzten Jahr nicht jedem dieser Schritt, eine Marke wie Audi verzichtete sogar ganz auf eine eigene digitale Strategie. Und selbst ambitionierte Online-Kampagnen wie die von Coca-Cola 2013 führen nicht immer zum gewünschten Erfolg.

Im letzten Jahr veröffentlichte Marketingland nach dem Super Bowl einen sehr treffenden Artikel mit dem Titel: „5 Ways Super Bowl Advertisers Are Still Losing The Digital Game“. Es wird spannend zu beobachten sein, wie gut oder schlecht sich die Unternehmen in diesem Jahr darauf vorbereitet haben. Und welche Strategie Pepsi hier fährt. Man mag sich gar nicht ausmalen, was möglich wäre, würden sich alle produzierten Pepsi-Inhalte in ihrer Geschichte auf den Super Bowl zuspitzen. Das wäre mal eine großartige, nachhaltige und mutige Fanaktivierung. Bisher deutet allerdings wenig darauf hin. Vielleicht ja im nächsten Jahr.

 

2 Kommentare Internet killed the TV-Star – digitales Marketing am Beispiel Pepsi in der NFL

  1. Michael Buchner

    Sorry, wenn ich da der Einleitung widersprechen muss, aber das Spiel pausiert nicht für Werbeunterbrechungen, sondern die Spielregeln sind eben so, dass es zu Unterbrechungen kommt. Dass da dann Werbung eingeblendet wird ist dann eine aus Sicht der Monetarisierung notwendige Maßnahme. Schließlich sind Football-Teams ein kleines bißchen größer als Fußballteams, schon allein deshalb weil man eine Defense, eine Offense und Spieler der Special Teams braucht. Und alle bekommen nicht gerade Peanuts. Dazu kommt, dass ein Football-Spiel zwar effektiv nur 60 Minuten Spielzeit hat, durch Fouls, Huddle-Zeit, Timeouts (bis zu 3 je Mannschaft und Halbzeit!), etc. aber effektiv sehr viel länger dauert. Diese gesamte Zeit ohne Werbung zu machen wäre ja auch nicht sinnvoll, oder?
    Die Werbung hat das Spiel gefunden und nutzt es, die Fernsehsender und die Teams profitieren davon. Nicht die Werbung war zuerst da, sondern die Regeln.

    1. Max-Jacob Ost

      Betrifft das auch z.B. die 2-Minute-Warning und die Pausen nach Kickoff-Return? Ich hatte es so in Erinnerung, dass zumindest erstere Unterbrechung einstmals ein Zugeständnis an die TV-Stationen war. Und ja: Es gibt per se viele Unterbrechungen im American Football. Allerdings ist es auch bemerkenswert, dass die NFL eine Mindestzahl an Unterbrechungen pro Spiel (20, siehe z.B. in diesem Artikel) vorgibt.

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